Eine Woche war vergangen, seit Sydney nach Southport gezogen war. Eine Woche in der sie bereits Tage und Nächte mit Recherchen verbracht hatte, denn die Adresse auf dem Brief den sie bekommen hatte, war scheinbar eine falsche gewesen. In dem Haus lebte ein älteres Pärchen das Sydney weder kannte, noch etwas von der Familie wusste, die zuvor hier gelebt hatte. Hamilton. Ob das ihr richtiger Nachname war? Die Ungewissheit brachte sie noch irgendwann vor ihrer Zeit ins Grab! Neben dem Job den sie glücklicherweise recht schnell bekommen hatte, widmete sie sich jeder Person in Southport und all den Häusern, Booten und Anwesen die sie bereits abgeklappert hatte, doch eine Antwort fand sie nicht. Einzig und allein die Kette war ein Andenken an ihre Familie und ihre Schwester, auch wenn sie wusste, was sie zu bedeuten hatte.

Wie so oft beendete sie den anstrengenden Tag mit einem Bier im Diamond Club. Vielleicht auch, weil es hier die meisten Menschen gab und sie vielleicht jemanden traf, der ihre Familie oder ihren Zwilling kannte. "Hey. Machst du mir das zu Bier?" Sydney legte ein paar Dollar auf den Tresen, an dem sie sich niedergelassen hatte und schenkte der Bedienung, der sie bereits Alles erzählt hatte, ein Lächeln. "Wieder nicht fündig geworden?" Fragte er besorgt, während Syd ihn angrinste. "Würde ich sonst trinken?" Er lachte, die Brünette nahm ihr Bier entgegen und trank einen kräftigen Schluck davon, während sie einen Blick auf den Brief von ihren leiblichen Eltern warf, den sie meistens dabei hatte. Ihre Finger fuhren über jeden einzelnen Buchstaben, während sie versuchte, aus der Nachricht schlau zu werden.

Liebste Tochter. Wir wollten dich nicht verlieren, aber wir mussten dir ein normales Leben ermöglichen. Versuch nicht, uns zu finden. Versuch nicht, deine Schwester zu finden. Leb dein Leben und verwirkliche deine Träume. Uns geht es gut, wir denken ununterbrochen an dich und vermissen dich. Irgendwann wirst du Alles erfahren. Irgendwann wirst du uns kennenlernen. Bis dahin bleiben dir ein paar Erinnerungen. Deine Eltern.

Sydney schnaubte leicht, faltete dann den Brief und verstaute ihn in ihrer Tasche. Konnte der Tag noch schlimmer werden?

Nach sein Vater immer noch nicht von seiner Reise heimgekehrt war, hatte er sich mal wieder um die wenigen Angestellten kümmern müssen. Je mehr Angestellte im Haus arbeiteten, desto größer war die Gefahr der Aufdeckung ihres Wesens. Also hatte sein Vater dafür gesorgt, dass die Angestellten sich in Schweigen über die Familie hüllten ,sobald sie das Anwesen verließen. Zufrieden hatte er beobachtet, wie die wenigstens ein wenig ansehnlichen Frauen ihre Arbeit begonnen hatten. Dnan hatte er sich auf den Weg in die Stadt gemacht. Er wollte wieder etwas Spaß haben und sich über nicht viel Gedanken machen. Wo seine Adoptivschwester Celine schon wieder steckte, wusste er auch nicht, aber jetzt war es ihm ziemlich egal. Mehr Spaß würde er wahrscheinlich allein haben. Wie so oft betrat er den Diamond Club und schon sahen ihn einige Besucher ehrfürchtig an. Niemand wusste, dass er Travis Duncan war, aber jeder wusste, dass er Einfluss zu haben schien und vor allem immer mehr Geld ausgab als manche im Monat wahrscheinlich verdienten. Beim Kellner orderte er eine Flasche seines Lieblingswhiskys und lehnte sich an die Bar. Ein wenig suchend sah er sich um. Er wollte Spaß und dazu zählte Blut... Genüsslich leckte er sich über die Lippen und suchte nach seinem heutigen Spielobjekt. Es war schon ziemlich voll im Club, aber kein Wunder - es war auch schon 11 Uhr... Jetzt waren die meisten Leute unterwegs um ein wenig zu feiern und das kam ihm sehr gelegen. Er entdeckte eine junge Frau und mit einem einzigen charmanten Lächeln und einer kleinen Geste brachte er sie dazu, zu ihm zu kommen. Er unterhielt sich gar nicht lange mit ihr, sondern flüsterte ihr ein paar Komplimente ins Ohr und schon hing sie an ihm. Er küsste ihren als einmal und bis dann auch schon zu. Sie bemerkte gar nicht was vor sich ging und er bekam einen kleinen Snack. Zufrieden leckte er sich über die Lippen und leckte über die kaum sichtbare Wunde am Hals der Frau. Er schob ihre Haare etwas nach vorn und schickte sie dann weg. Er exte ein Glas des Whiskys, der in der Flasche knapp 2000€ kostete, und wandte sich wieder der Menge zu. Eine junge Frau fiel ihm auf und er stutzte. Wollte Celine nicht eigentlich einen Jagdausflug machen? Warum saß sie hier und trank Bier? Nachdenklich beobachtete er sie einige Zeit. Was stellte sie hier an?

Genervt von sich selbst und den heutigen Ereignissen, fuhr sich Sydney durch das lange, glatte Haar. Ihr war nicht aufgefallen was unmittelbar in ihrer Nähe geschah und sie bemerkte auch nicht, dass jemand den Club betrat und sich den wohl teuersten Wishey gönnte, den der Club ausschenkte. Erst, als der Fremde die Brünette beobachtete, begegnete sie seinem Blick. Trotz der Dunkelheit bemerkte sie seine anziehende Art und sein gutes Aussehen, doch viel mehr stellte sich ihr die Frage, weshalb er sie beobachtete. Freundlich wie Sydney nun Mal war, schenkte sie ihm ein knappes, wenn auch höfliches Lächeln und exte dann das Bier, dass vor ihr stand um sich sogleich der nächsten Flasche zu widmen, die neben der letzten vor ihr stand. Meist war dies ihr Ritual für den Abend. Drei Flaschen Bier, vielleicht ein kleines Tänzchen und dann ging die Schöne müde nachhause und zu Bett.

Den Blick wieder abgewandt, kam sie nicht umhin nach wenigen Minuten erneut zu dem Fremden zu sehen, der sie noch immer zu beobachten schien. "Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?" Ob er vielleicht ihren Zwilling kannte? Ob er etwas über ihre Schwester wusste? Oder ihre Familie? Sie hatte ihn bisher noch nicht kennengelernt, geschweige denn je in diesem Club gesehen. Er war ihr unbekannt. Es konnte nicht schaden, ihn zumindest zu fragen. "Wir kennen uns noch nicht, oder? Vielleicht habe ich auch nur ihr Gesicht vergessen ... ich habe in der letzten Woche so viele Menschen getroffen." Was redete sie da? Man merkte ihr an, dass sie nicht oft jemanden ansprach.

Er hatte die brünette junge Frau erst spät bemerkt. Das wunderte ihn eigentlich, denn seine Adoptivschwester Celine bemerkte man immer sofort, denn sie liebte das Nachtleben und war in Southport bekannt wie ein bunter Hund. So recht wusste er nicht, was mit ihrem Verhalten anfangen sollte. Deshalb beobachtete er sie erst einmal eine Weile. Er trank gemütlich das zweite Glas des teuren Whiskys. Doch er wurde abgelenkt als eine junge Frau zu ihm kam und ihn ohne Umschweife anmachte als würde es um ihr Leben gehen. Er wandte den Kopf blitzschnell um und sah ihr direkt in die Augen.
"Du wolltest dich doch frisch machen oder?", meinte er nur und schon verschwand die Frau wie ferngesteuert in Richtung der Toiletten. Jetzt konnte er sich wieder der Brünetten widmen. Sie lächelte ihn kurz an und exte ihr Bier. Jetzt war er wirklich verwundert. Seit wann trank Celine Bier? Er wurde nicht schlau aus der Situation, aber als sie ihn dann schließlich ansprach, wurde deutlich, dass die junge Frau keine Ahnung zu haben schien. Sie kannte ihn wohl nicht. Aber wie bitte sollte das gehen? Seine Schwester stand doch vor ihm? Oder? Er ließ sich seine Verwunderung nicht anmerken und ging ein paar Schritte auf die junge Frau zu.
"Was machst du hier? Wolltest du nicht einen Ausflug machen?", meinte er in ihre Richtung. Währenddessen musterte er sie ausgiebig. Irgendetwas war hier doch faul und er war angespannt bis zur letzten Faser seines Körpers.

Nun bemerkte Sydney wie beliebt der Fremde scheinbar zu sein schien, da es nicht lange dauerte, bis er angesprochen wurde. Verwunderlich war, dass die Frau ebenso schnell verschwand, wie sie gekommen war. Die Schöne kümmerte sich jedoch nicht weiter darum und drehte sich in seine Richtung, als er sie schließlich ansprach. "Was ich hier mache? Ähm. Sie müssen mich verwechseln." Oder aber er verwechselte sie mit seiner Schwester! Southport war nicht besonders groß und wenn ihr Zwilling wirklich hier war, dann würde man sie doch sicherlich kennen. "Kennen Sie meine Schwester? Ich ... ich bin Sydney. Sydney Delvert. Ich bin vor einer Woche hier her gezogen, weil ich auf der Suche nach meiner Schwester und meiner Familie bin. Haben ... haben Sie, sie gesehen? Wir sind Zwillinge. Sie müssen mich doch sicherlich mit ihr verwechseln." Nun war Sydney aufmerksam geworden. Sich von ihrem Hocker erhoben, legte sie eine Hand auf die Schulter des Fremden und blickte ihm dann eindringlich in die Augen. "Bitte. Wenn sie irgendetwas über sie wissen, sagen Sie es mir."

Nun war jedenfalls klar, dass sie den Fremden nicht kannte und vermutlich als verrückt erklärt werden würde, wenn ihre Schwester noch nie hier gewesen war und es sich lediglich um einen Irrtum handelte.